Aktuelles - LAG Hauswirtschaft Niedersachsen e.V.

Wahlprüfsteine zur Landtagswahl in Niedersachsen am 09. Oktober 2022

13.09.2022

Im Oktober 2021 stimmten die Abgeordneten des niedersächsischen Landtages für einen Entschließungsantrag zur Stärkung der Hauswirtschaft.

Die breite Zustimmung zu diesem Antrag unterstreicht die Relevanz hauswirtschaftlicher Kompetenzen und Berufsfelder. Ohne sie würde keine Pflegeeinrichtung, keine Kindertagesstätte bzw. -krippe, keine Mensa oder Kantine, keine Tagungsstätte, keine Jugendherberge und oder ähnliche andere Großhaushalte ihren Betrieb aufrechterhalten können. Dies und die mangelnde Alltagskompetenz in vielen Privathaushalten hat sich in der Corona-Pandemie eindrucksvoll bestätigt.

Die Landesarbeitsgemeinschaft Hauswirtschaft Niedersachsen e.V. (LAG HW Nds.) ist die Interessenvertretung aller hauswirtschaftlicher Verbände und Institutionen im Land Niedersachsen. Als Dachverband vertritt die LAG HW Nds. zehn berufsständische Organisation.
Anlässlich der Landtagswahl 2022 hat die LAG HW Nds. Wahlprüfsteine formuliert, welche die wichtigsten politischen Interessen des Vereins widerspiegeln. Welche Ziele werden die einzelnen Parteien in ihren Wahlprogrammen für den hauswirtschaftlichen Bereich entwickeln?

Als LAG HW Nds. fragen wir Sie im Vorfeld der Landtagswahl nach Ihrer Position zu den folgenden Fragen der LAG HW Nds.
 
1. Hauswirtschaftliche Arbeitskräfte und Pflegekräfte werden trotz gleichen Qualifikationsniveaus in sozialen Einrichtungen unterschiedlich hoch entlohnt. Was tun Sie, damit sich dieses zukünftig ändert?

Zum Hintergrund
Zukünftig ist für alle Personen, die in der Pflege tätig sind, ein Tarifvertrag anzuwenden. Hauswirtschaftliche Arbeitskräfte wurden bisher dort nicht mit eingebunden. Es ist zu erwarten, dass die Gehaltsschere der Pflegekräfte und der hauswirtschaftlichen Arbeitskräfte noch weiter auseinanderklafft. In den Einrichtungen sind beide Professionen aufeinander angewiesen. Ohne eine angemessene Entlohnung droht die weitere Abwanderung des qualifizierten hauswirtschaftlichen Personals in lukrativere Bereiche. Hierzu gibt es ein aktuelles Positionspapier des deutschen Pflegerats und des deutschen Hauswirtschaftsrats.

2. Was tun Sie, um zukünftig ein mindestens zweistündiges Fach „Hauswirtschaft“ in allen Allgemeinbildenden Schulen, einschließlich der Gymnasien, ab Klasse 5 bis zur Abschlussklasse zur Vermittlung von Alltagskompetenzen einführen?

Zum Hintergrund
Nicht nur im Land Niedersachsen steigt die Anzahl junger Menschen mit Defiziten bei den Alltagskompetenzen, die verschuldet sind oder sich ungesund ernähren. 
Die Kosten, die volkswirtschaftlich und insbesondere im Gesundheitswesen entstehen, laufen jährlich in die Milliarden. Um diesem Trend umzukehren und damit in letzter Konsequenz einer Überforderung der Kompensationssysteme (Finanzen, Gesundheit, Versicherungen) nachhaltig und sicher zu begegnen, müssen Inhalte der hauswirtschaftlichen Bildung bereits in der Schule vermittelt werden. Das Curriculum soll sich an die Inhalte der dreijährigen Ausbildung zur Hauswirtschafterin/ zum Hauswirtschafter anlehnen.

3. Wie stehen Sie zu der Einführung eines Studiengangs Hauswirtschaft, die Absolvent*innen befähigt, an Allgemeinbildenden Schulen (auch an Gymnasien) zu unterrichten?

Zum Hintergrund
Nachfolgende Generationen stehen vor großen ökonomischen, sozialen und ökologischen Herausforderungen. Um diese zu meistern, benötigen sie eine fundierte schulische Bildung auch im Bereich Hauswirtschaft. Dafür bedarf es qualifizierter Lehrkräfte, die es derzeit in Niedersachsen kaum mehr gibt. Dieser Mangel wird zukünftig noch verstärkt durch die Tatsache, dass es an keiner Hochschule des Landes möglich ist, Hauswirtschaft für das Lehramt an Allgemeinbildenden Schulen zu studieren. Gerade in einem landwirtschaftlich geprägten Bundesland wie Niedersachsen sollte ein bewusster, schonender Umgang mit unseren Ressourcen frühzeitig vermittelt werden.

4. Wie stehen Sie zur Einführung eines Gutscheinmodelles für hauswirtschaftliche Dienstleistungen, die z. B. von Familien mit kleinen Kindern und anderen unterstützungsbedürftigen Personengruppen in Anspruch genommen werden können?

Zum Hintergrund
Steigender Unterstützungsbedarf entsteht zum Beispiel in Familienhaushalten, in Haushalten mit älteren Menschen oder in Haushalten von Menschen mit Behinderungen. Eine Überlastung der Angehörigen oder z.B. eine frühzeitige Unterbringung in Pflegeeinrichtungen können durch die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen aufgefangen bzw aufgeschoben werden. Hier entstehen zukünftig wichtige (systemrelevante) sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. Die Finanzierung
muss durch ein noch einzuführendes Gutscheinmodell in Niedersachsen finanziell unterstützt werden.

5. Wie wird die Landesregierung die formalen Bedingungen für die Förderung von Ausbildungsverbünden in der Hauswirtschaft schaffen? 

Zum Hintergrund
In Gemeinschaftseinrichtungen und Haushaltsnahen Dienstleistungsbetrieben müssen gesetzliche Qualitätsanforderungen sichergestellt werden. Ohne Fachpersonal ist das zukünftig nicht möglich. Es fehlt jedoch an Ausbildungsplätzen, denn längst nicht mehr alle hauswirtschaftlichen Betriebe decken die gesamten Inhalte der hauswirtschaftlichen Ausbildung ab. Abhilfe schaffen können hier Modelle für Ausbildungsverbünde als praxisorientierte und kreative Lösung. Als Beispiel könnte das Rotationsmodell dienen, das gerade vorbildlich durch das Pflegeberufereformgesetz in der Pflegeausbildung eingeführt wurde. So können auch Betriebe Teile der Ausbildung anbieten und durchführen, die bisher nicht vollumfänglich alle inhaltlichen und personellen Auflagen und Anforderungen an einen Ausbildungsbetrieb erfüllen konnten.

6. Aufhebung des Klassenbildungserlasses für alle Fachschulen, um auch kleinere Klassengrößen zu ermöglichen. Fachschulklassen sollen nicht in der Statistik für Berufsbildende Schulen geführt werden, damit diesen Schulen keine wirtschaftlichen Nachteile entstehen.

Zum Hintergrund
Für die Budgetierung von Klassenverbänden ist die Anzahl von 22 Schüler*innen durch das Land Niedersachsen vorgegeben. Bei Fachschulklassen fast aller Berufsfelder ist dies aktuell kaum noch gegeben. Die Aufrechterhaltung von Fachschulklassen ist für die Berufsbildenden Schulen dadurch kaum noch sicherzustellen. Zur Sicherung der Standorte muss der Klassenbildungserlass für alle Fachschulen aufgehoben und den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden.

7. Wie werden Sie die LAG HW Nds. e.V. als unabhängige und neutrale Fachstelle in Niedersachsen bei ihrer Verstetigung unterstützen?

Zum Hintergrund
Die LAG HW Nds. e.V. steht als gemeinnütziger Verein allen hauswirtschaftlichen Verbänden, Organisationen, Schulen und Einrichtungen in Niedersachsen als Anlaufstelle für hauswirtschaftliche Belange zur Verfügung.
Hauswirtschaft ist eine grundlegende und ganzheitlich ausgerichtete Profession in unserer Gesellschaft mit vielen Schnittstellen zu anderen. Hauswirtschaft betrifft jeden Menschen und jede Lebensphase. Es gilt, in Gesellschaft, Kultur und Politik die Bedeutung der
Hauswirtschaft sichtbarer zu machen, von Anfang an mitzudenken und die Inhalte hauswirtschaftlicher Berufe an die aktuellen gesellschaftlichen Anforderungen und die steigenden Bedarfe auszurichten. Die LAG HW Nds. e.V. setzt sich mit seinem ehrenamtlichen Vorstand, seinen Mitgliedern, Expert*innen und einem bundesweiten Netzwerk für diese gesellschafts- und volkswirtschaftlich wichtigen Erfordernisse ein.
Seit Gründung der LAG HW Nds. e.V. im Jahr 2015 hat sie wichtige system- und gesellschaftsrelevante Impulse gegeben. Wie bei anderen wichtigen Fachprofessionen und Verbänden bedarf es auch für die LAG HW Nds. hauptamtlicher Unterstützung.

8. Modellprojekt freiwilliges soziales Jahr mit dem Schwerpunkt Hauswirtschaft in Niedersachsen. Wie stehen Sie dazu?

Zum Hintergrund
Ein freiwilliges soziales Jahr mit dem Schwerpunkt Hauswirtschaft kann als niedersächsisches Modellprojekt für die Bundesrepublik Deutschland dienen. Junge Menschen werden neugierig auf das Betätigungsfeld und erleben Hauswirtschaft in ihrer ganzen Vielfalt - als komplexes Einsatzgebiet, das zeitgerecht Ökonomie, Soziales und Ökologie verbindet. Das Modellprojekt und das wachsende Interesse an dem Berufsfeld Hauswirtschaft werden dazu beitragen, den stetig steigenden Bedarf an Fachkräften zu decken.

Die Landesarbeitsgemeinschaft Hauswirtschaft Niedersachsen e. V. erbittet die Rückmeldung der Antworten auf diese Wahlprüfsteine bis zum 15. Mai 2022. 
Wir beabsichtigen eine Veröffentlichung Ihrer Antworten auf unserer Homepage.

Weitere Informationen

Synopse Wahlprüfsteine und die Antworten der Parteien im Nds. Landtag (pdf-Dokument, 169 KB)

Antworten Bündnis 90 / Die Grünen (pdf-Dokument, 100 KB)

Antworten CDU (pdf-Dokument, 79 KB)

Antworten FDP (pdf-Dokument, 170 KB)

Antworten SPD (pdf-Dokument, 105 KB)

Wahlprüfsteine zur Landtagswahl in Niedersachsen (pdf-Dokument, 136 KB)